Bosnien Frühling 2017 - Tag 3

von Karin Grütter (Kommentare: 0)

Eine Vision braucht gewöhnliche, spezielle Menschen

Als wir um halb zehn auf der Farma Transforma eintreffen, steht der Kaffe im Garten schon bereit. Es ist sehr schön, mit alten Bekannten wie Valentina einige Worte zu wechseln und auch neue Menschen aus der bosnischen Sangha kennen zu lernen, bevor wir uns im Zendo zur Meditation setzen. Anna Gamma begrüsst die internationale Gruppe und gibt einen Überblick über diesen ganz besonderen Tag. Im morgendlichen Zazenkai wird Valentina Vujinic aus der bosnischen Sangha formelle Zen-Schülerin und zum Abschluss der Zen-Einführung am Nachmittag werden wir meine Ernennung zur Hüterin der Sangha nachholen, da ich im Januar krank war. Diese Rituale werden die Verbindung zwischen der bosnischen und der schweizerischen Sangha weiter vertiefen.

Zuerst sind wir aber eingeladen, einander mitzuteilen, warum wir heute hier sind und was uns dieser Tag bedeutet. Gemeinsam ist den anwesenden Bosnier/innen und Schweizer/innen die Verbundenheit mit der Farma Transforma und mit Helen und Srdjan Jäggi Kosic, die diesen wunderbaren Ort geschaffen haben. Auch die Liebe zur Stille verbindet uns. Zum Kern der bosnischen Sangha gehört Valentina. Sie war eine der ersten, die mit Helen meditierte und die mithalf, die Sangha in Laktasi aufzubauen. Valentina hat sich entschlossen, den Zen-Weg noch entschiedener zu gehen und wird heute Zen-Schülerin. Bewegt erzählt sie, wie das regelmässige Meditieren ihr Leben verändert habe, und dass der heutige Tag für sie ein grosser Moment sei. Anna spricht von purem Glück, das sie an Tagen wie diesen erfahre, wenn Menschen verschiedener Kulturen und Sprachen sich in der Stille begegnen. Während des ganzen Morgens ist eine grosse Ernsthaftigkeit und Ruhe zu spüren. Nach dem Mittagessen lockt die wärmende Sonne und die Schönheit des Ortes uns nach draussen.

Um halb zwei beginnt bereits der nächste Programmpunkt, die Zen-Einführung. Anna gibt einen Überblick über die Geschichte der Zen-Praxis und führt in die Sitzmeditation und die verschiedenen Rituale ein. Dazwischen meditieren wir kürzere Einheiten. Nach einer Fragerunde folgt bereits der ganz besondere Moment für mich persönlich: meine Ernennung zur Hüterin der Sangha. Als ich im Januar krank im Bett lag und bei der Feier in Luzern nicht dabei sein konnte, hätte ich nie gedacht, dass es einen stimmigeren Ort für meine Ernennung gibt. Dass dieses Ritual nun in Bosnien stattfindet, macht mich sehr glücklich, denn mit meiner Zen-Praxis möchte ich auch dazu beitragen, dass Begegnung, Verständnis und Frieden über Nationen und Kulturen hinweg möglich werden. Und so bin ich sehr dankbar, dass dieses Ritual nun in einer bosnisch-schweizerischen Gemeinschaft stattfindet.

In der Abschlussrunde zeigen sich einige Teilnehmende sehr bewegt vom heutigen Tag. Die Kraft der Stille hat Emotionen zu Tage gefördert, die wir sonst eher verbergen und in der Gruppe nicht zeigen. Viele haben diese Kraft wahrgenommen und eine jüngere Teilnehmende meinte, dass es wohl Liebe sei, was sie erfahren habe.

Mit einem feinen Essen beschliessen wir diesen reichen Tag in der uns schon bekannten Dorfbeiz. Hier gehen die Diskussionen um die Entwicklung der Farma Transforma weiter. Helens Vision eines pionierhaften, in die Welt ausstrahlenden Projekts ist gross und stark. Martha, eine bosnische Genossenschafterin, bringt es auf den Punkt: Die Frauen und Männer, die sich hier gefunden haben und diese Vision realisieren wollen, sind gleichzeitig ganz gewöhnliche und ganz spezielle Menschen. Erfüllt und auch müde fahren wir zu unserem Hotel zurück, wo mit Musik und Tanz eine bosnische Hochzeit gefeiert ist. Ob wir diese Nacht wohl schlafen können?

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